lesenswelt #3: Miami Punk, Cyberpunk und interaktives Erzählen

In der aktuellen Ausgabe von lesenswelt geht es um den postmodernen Science-Fiction-Roman Miami Punk von Juan S. Guse und dessen Einflüsse. Nach einer kurzen Besprechung des Romans, gehe ich genauer auf das Genre des Cyberpunks ein, stelle die Bücher Snowcrash und Neuromancer vor, gefolgt von zwei kurzen Spielevorstellungen zum Thema Interaktives Erzählen mit What Remains of Edith Finch und Firewatch, gefolgt von einer ausführlichen Besprechung von Mark Z. Danielewskis House of Leaves am Ende des Beitrags.

"Miami Punk" von Juan S. Guse

Miami Punk von Juan S. Guse ist Science Fiction, spielt aber nicht in der Zukunft, sondern eher in einer alternativen Gegenwart, in der der einzige Unterschied zu unserer Realität das Verschwinden des Atlantiks vor Miami ist. Daraus spinnt Guse ein fiktives Miami, das in seinem Mikrokosmos einige interessante bis bizarre Entwicklungen durchgemacht hat, die schon fast dicksche Züge annehmen, auch wenn sein großes Vorbild der Cyberpunk von William Gibson und Neal Stephenson ist. Miami Punk ist ein postmoderner Gesellschaftsroman, in dem technische Entwicklungen keine große Rolle spielen, auch wenn sie stets präsent sind. Im Folgenden werde ich für meine Besprechung – in bester Textventure-Manier – mehrere Lesewege zur Auswahl stellen, die man dann je nach Interesse betreten kann.

Hier sollte ich weiterlesen, wenn ...

ich ein Gamer bin und wissen möchte, wie viel in Sachen Games im Buch steckt

Das zentrale Computerspiel in diesem Buch ist Counter-Strike 1.6, jener Multiplayer-First-Person-Shooter, der als Mod von Half Life entstanden ist, Millionen Spieler zu Lan-Partys und Turnieren zusammenbrachte und von der nicht Game affinen Öffentlichkeit als Killerspiel abgetan wurde. Erzählt wird dieser Handlungsstrang von einem deutschen Germanisten mittleren Alters, der gerade an seiner Habilitation arbeitet und mit seinem alten Team zu einem letzten Counter-Strike-1.6-Turnier nach Miami reist.

Die zweite Game-Ebene dreht sich um die junge Programmiererin Robin, die originelle Indie-Games programmiert, im Prinzip postmoderne Spiele, die mit den Erwartungshaltungen der Spieler*innen spielen und versuchen, ganz neue Wege zu gehen, und ziemlich meta sind. Neben ihrem langweiligen Brotjob arbeitet sie in ihrer Freizeit mit einem kleinen Team an ihrem neuesten Werk Das Elend der Welt. Erzählt werden kleine Episoden aus ihrem Leben und ihren Beziehungen zu den anderen POV-Figuren des Romans.

Dazu gibt es ganz viel Namedropping von Spielen die vor allem aus den 1990ern und den Nullerjahren stammen, Sachen wie Earthbound, das manchen vielleicht kürzlich wieder auf dem Mini-NES begegnet ist. Die neusten Spiele, die erwähnt werden, sind Dark Souls und Overwatch, was hilft, den Roman zeitlich ein wenig einzugrenzen.

mich die literarischen und soziologischen Aspekte der Geschichte interessieren

Zentraler Aspekt der soziologischen Handlungsebene ist der sogenannte Kongress – eine Anspielung auf den Roman Der futurologische Kongreß von Stanislaw Lem –, der nach Rückzug des Meeres in einem riesigen Wohnkomplex entstanden ist und von den Behörden kritisch beäugt wird. Dabei handelt es sich um eine nicht-wirklich-hierarchisch organisierte Vereinigung/Versammlung von jungen, aber auch älteren Einwohnern Miamis, die so was wie eine alternative Volkshochschule als Graswurzelbewegung organisieren. Es gibt ganz viele Vorträge zu den unterschiedlichsten Themen, aber auch eine gewisse Nähe zu Esoterik und Verschwörungstheorien. Ziel der Teilnehmer, zu denen auch Robins Cousin Lint gehört, ist es, zu verstehen, was um sie herum seit dem Meeresrückzug passiert ist.

Das möchte auch die Behörde 55 herausfinden, nur eben aus Regierungsperspektive, mit Generalverdacht gegenüber dem Kongress. Wobei durchaus sympathische Leute dort arbeiten, wie Robins Lebenspartnerin Daria.

Eine zweite interessante Entwicklung ist die Entstehung von Ringer-Vereinen, die sich tatsächlich treffen, um im klassischen römisch-grieschichen Stil zu Ringen, manchmal auch mit Alligatoren, aber auch wichtige soziale Funktionen in der Gesellschaft Miamis einnehmen und eine Art Gegenstück zu den Todesschwadronen bilden.

ich der Autor von Miami Punk bin

Sorry, Herr Guse, ich schreibe meine Besprechungen vor allem für potenzielle Leser*innen. Aber danke für dieses tolle Buch, ich hatte wirklich viel Spaß damit!

ich interessiert bin, weil das tolle neonfarbene Cover Cyberpunkfeeling verspricht

Obwohl es hier um Programmierer*innen und Gamer geht, Programme und Spiele eine große Rolle spielen, es sogar Roboter gibt, die Kinder erziehen und es vor Cyberpunkreferenzen zu Snow Crash und Neuromancer nur so wimmelt, kommt das Buch doch relativ Low Tech daher. Soziale Medien werden nur am Rande durch Twitch bei den Counter-Strike-Spielern erwähnt. Das Buch und das Miami des Buches haben eine ganz eigene Atmosphäre, die schon ein wenig an die Bandenstimmung in zerfallenen Straßenblöcken des Cyberpunks erinnert, aber der Einsatz der wirklichen CP-Elemente ist ähnlich dem von Magie in Game of Thrones: sehr wohldosiert.

Die postmodernen Elemente

esgibteinigewenigekapitelindenenkomplettohnesatzundleerzeichengearbeitetwirdwasmichaneinenübersetzerkollegenerinnertdemeinverlagnurdieanschlägeohneleerzeichenbezahlenwollteworaufhinermeintedannnehmenwirdieebenwiederrausaberichhabediekapitelnurüberflogen – das tu ich mir nämlich nicht an

Hauptelement der Postmoderne sind hier vor allem die Stilwechsel in den einzelnen Kapiteln, die vom Counter-Strike-Germanisten werden aus der Ich-Perspektive erzählt, die meisten anderen über Robin, Lind, Daria und Elsa (die Ringerin) aus der dritten Person, dann gibt es noch Briefe von Schülern, Gesprächsprotokolle und Kapitel aus Perspektive von weggeworfenen Dingen, wie Gartenstühlen oder Kaffeetassen. Stilistisch merkt man dem Buch seine Wurzeln bei Thomas Pynchon oder Mark Z. Danielewski (siehe Bonus-Buchbesprechung ganz unten) an. Dadurch gelingt es, ihm, eine gar nicht so aufregende Geschichte auf hypnotische Weise ohne wirkliche Spannung, zu erzählen, aber trotzdem so packend, dass ich mit dem Lesen gar nicht aufhören konnte.

 

In den letzten Jahren hat das Geschichtenerzählen in Computerspielen eine ganz neue Qualität erreicht. Galt eine Story früher nur als Beiwerk zur Spielmechanik, während interaktive Filme grafisch grausig umgesetzt wurden, gibt es inzwischen Spiele, die es perfekt verstehen, mit technisch guter bis schöner Umsetzung, eine packende und bewegende Geschichte zu erzählen. Sogenannte Walking-Simulatoren, in denen man sich als Protagonist durch die Geschichte bewegt, ohne spieltechnisch große Herausforderungen bestehen zu müssen, ziehen einen Mitten hinein in eine Kurzgeschichte oder Novelle. Im Folgenden seien zwei der besten Meisterwerke dieser Gattung vorgestellt, die mich an jene Games erinnern, die Robin in Miami Punk programmiert.

What Remains of Edith Finch ist eine Kurzgeschichte über das Leben und Sterben der Familie Finch. Aber in Form eines Walking-Simulators, der uns durch die Geschichte gehen und sie hautnah erleben lässt. Wir erreichen das kuriose und wunderbar verschrobene Haus der Finches in der Egoperspektive, und können dort die verwinkelten und verborgenen Zimmer besichtigen, in denen auf äußerst kreative Weise die Geschichte ihrer jeweiligen Bewohner erzählt wird. Der Traum des Mädchens ist so originell, dass man aus dem Staunen gar nicht rauskommt. Modernes, kreatives Geschichtenerzählen mit postmodernen Elementen auf höchstem Niveau.

Im Prinzip ist Firewatch nur ein interaktiver Film, in dem man von A nach B läuft, Sachen aufhebt und Dialogentscheidungen am Funkgerät trifft. Aber das Ganze ist richtig toll und unaufgeregt erzählt. Viel falsch machen kann man nicht, außer sich verlaufen. Ein entschleunigendes Spiel, dem es durchs Storytelling trotzdem gelingt, Spannung und Sogwirkung aufzubauen. Der Spielerin gibt es die Möglichkeit, noch tiefer in die Geschichte einzusteigen, als beim klassischen Lesen einer Kurzgeschichte. So wird aktiv Empathie  erzeugt.

Das Haus – House of Leaves von Mark Z. Danielewski (dt. Christa Schuenke)

Neben Neal Stephenson und William Gibson wird auch Mark Z. Danielewski in Miami Punk erwähnt, der mit seinem postmodernen Meisterwerk House of Leaves großen Einfluss auf Guse gehabt haben dürfte. Deshalb hier eine etwas ältere Besprechung von mir dazu:

Danielewski hat hier ein Werk erschaffen, das alle Genregrenzen sprengt und von vielen Kritikern mit Werken wie »Ulysses« von James Joyce oder »Die Enden der Parabel« von Thomas Pynchon verglichen wird. Ein unglaublich komplexes Buch, das jede Menge Wissen enthält, als habe der Autor all sein Können hineingesteckt.

Das Genre

Ein großes, verwinkeltes Haus, das von außen fast den Eindruck erweckt, es sei lebendig. Innen mit alten verstaubten Möbeln, knarzendem Holzfußboden, seit Jahren verschlossenen Zimmern, unheimlichen Porträtgemälden, kalten Luftzügen und Flüstern in den Wänden. Ein Haus, das eine Geschichte hat. Meist keine gute. Und natürlich neue Bewohner, die die Geschichte des Hauses nicht kennen, unbedarft einziehen, sich über die vielen Zimmer freuen und es zunächst noch genießen, im ersten eigenen Haus zu wohnen.

Bis es dann losgeht. Oft sind es die Kinder, die zuerst bemerken, dass hier etwas nicht stimmt. Sie sehen Personen, die nicht da sein dürften, hören Gespräche, die niemand führt. Dann fallen plötzlich Türen zu oder Möbel verändern ihre Position. Die Albträume beginnen. Lange qualvolle Nächte auf durchgeschwitzten Laken. Eltern, die einem zunächst nicht glauben. Es beginnt subtil, fast unscheinbar, nur Streiche, die einem die Fantasie spielt. Aber es steigert sich, bis man unzweifelhaft zu der Erkenntnis kommt, dass es im neuen Eigenheim spukt.

Die Spukhausgeschichte ist eine der ältesten Formen des Horrorgenres, die fast schon so lange existiert, wie es Häuser gibt. Seitdem entstanden unzählige Bücher und Filme in den unterschiedlichsten Variationen. Der bekannteste Roman ist wohl Shirley Jacksons Klassiker Spuk in Hillhouse, der als Bis das Blut gefriert verfilmt wurde.

Das Haus

Will Navidson ist Dokumentarfilmer und Pulitzerpreisträger. Als er mit seiner Frau und den zwei Kindern in ein neues Haus zieht, setzt er unwissentlich eine Reihe von unheimlichen Ereignissen in Gang. Sein Haus ist nicht das typische Spukhaus, wie ich es oben beschrieben habe. Es spukt nicht, es gibt keine kalten Stellen oder schreckliche Verbrechen, die dort begangen wurden. Das Haus passt einfach nicht. Eines Tages stellt Navidson fest, dass das Haus innen größer ist, als es nach den äußeren Maßen sein dürfte. Damit beginnt alles. Plötzlich ist ein Gang da, der nicht da sein sollte; der sich verändert und der zu einem riesigen Labyrinth wird. Von dem Gang geht keine Gefahr aus, kein Monster lauert in seinen Schatten. Er ist einfach nur da. Navidson stürzt sich mit dem Enthusiasmus eines besessenen Höhlenforschers auf diesen Korridor. Er will, nein, er muss ihn unbedingt erkunden.
Zusammen mit seinem Bruder, einem befreundeten Collegeprofessor und zu guter Letzt einem renommierten Abenteurerteam, stößt er in die Tiefen des Abgrundes vor, der unter ihm lauert. Als Basislager dient das Wohnzimmer, von hier aus geht es immer weiter, zunächst in ein undurchsichtiges Labyrinth von Gängen, dann weiter, eine schier endlose Treppe hinab in ein finsteres Höhlensystem – die Kamera immer mit dabei.

Die Ebenen

Obwohl uns Navidson mit in seinen Abgrund zerrt, sind wir nicht direkt dabei. Nein, wir erfahren von dem Dokumentarfilm nur aus zweiter Hand. Der mysteriöse und blinde Zampano hat eine wissenschaftliche Abhandlung über den »Navidsonrecord« und seine Entstehung geschrieben. Wie er den Film sehen konnte, bleibt ein Rätsel. Seine intensiven Beschreibungen ziehen uns Leser direkt hinein in das unheimliche Geschehen. Er schafft es, eine gelungene Mischung aus packender Erzählung und wissenschaftlicher Abhandlung zu schreiben, die mit unzähligen Fußnoten voller fiktiver und realer Zitate gespickt sind, und somit dem Ganzen Authentizität verleihen. Zampano dringt nicht nur in den Abgrund vor, sondern auch in die Psyche Navidsons, der wie ein Getriebener immer weiter muss.

Doch Zampano ist längst unter ungeklärten Umständen verstorben. Seine Geschichte und die Geschichte seines Manuskripts erfahren wir durch die eingeschobenen, teils seitenlangen Fußnoten von Johnny Truant, die er neben Zampanos Fußnoten ergänzt hat. Truant hat das Manuskript entdeckt und sich damit intensiv beschäftigt. Was ein wenig überrascht, da er wie ein typischer, ungebildeter Loser wirkt – mit seiner Arbeit als Nadelreiniger in einem Tattooshop, seiner Liebe zu einer Stripperin und den schäbigen Sauftouren mit seinem Freund Lude, auf denen er versucht, die Leute mit Lügengeschichten zu beeindrucken. Mit der gleichen Besessenheit, mit der sich Navidson in das Haus stürzt und Zampano in seine Abhandlung, stürzt sich Truant auf das Manuskript, beginnt eigene Recherchen anzustellen. Und ganz langsam hält das Grauen auch in seinem Leben Einzug.

Auf der vierten Ebene gibt es noch die Fußnoten der Herausgeber, die unter Truants Randbemerkungen stehen.

Das Buch

Das Buch ist wie das Haus. Der Leser ist wie Navidson, der sich in das unbekannte Mysterium stürzt. Ein Labyrinth voller Verschachtelungen, subtiler Hinweise und unerklärlicher Phänomene.

Das Buch ist ein Kunstwerk. Ein Experiment, von einem Autor, der sich viel Mühe gemacht hat, nicht einfach nur eine Geschichte zu erzählen, sondern ein Haus in einem Buch zu erschaffen, in das es den Leser förmlich hineinzieht. Ein Abgrund von einem Buch, das auch in den Leser zurückschaut. Neben den oben erwähnten Verschachtelungen der vier Erzählebenen verändert sich das Buch mit jeder Seite, wird immer undurchsichtiger, bis die Buchstaben anfangen, ein Eigenleben zu beginnen. Sie tanzen kreuz und quer über die Seiten, stehen auf dem Kopf und auf der Seite und spiegeln Navidsons besessene Odyssee wieder.

Dadurch entsteht ein Labyrinth im Kopf des Lesers, das viele sicher überfordert oder zu sehr anstrengt. Das Haus ist keine leichte Lektüre. Es verlangt seinem Leser höchste Konzentration ab, und die Bereitschaft Konventionen zu überschreiten. Das Buch ist nicht einfach eine unterhaltsame Lektüre, wie ein kurzer Wochenendausflug. Es ist eine Reise ins Herz der Finsternis.

Danielewski gelingt es dabei, seine Erzählwerkzeuge der Form des Inhaltes anzupassen, sie zu einer einmaligen Symbiose zu verschmelzen. Er ist ein genialer Architekt, der ein Monument aus Wörtern um den Leser herum konstruiert. Dabei orientiert er sich nicht an irgendwelchen Konventionen des Horrorgenres, die er weit hinter sich lässt. Er hat hier ein Werk erschaffen, das alle Genregrenzen sprengt und von vielen Kritikern mit Werken wie Ulysses von James Joyce oder Die Enden der Parabel von Thomas Pynchon verglichen wird. Ein unglaublich komplexes Buch, das jede Menge Wissen enthält, als habe der Autor all sein Können hineingesteckt. Ein Kraftakt, nicht nur für den Leser. Zehn Jahre hat Danielewski an diesem Brocken gearbeitet; eine lange Zeit, die man dem Roman anmerkt.

Das Haus ist kein Buch, das einfach so runter geschrieben wurde, weil jemand einen guten Einfall hatte, und Danielewski ist kein Autor, der schreibt, weil er gerade nichts Besseres zu tun hat. Er wurde 1966 als Sohn des polnischen Regisseurs Tad Danielewski und Priscilla Machold geboren. Ihm war früh klar, dass er Romane schreiben will, und deshalb studierte er Literatur in Yale und Latein in Berkley, da ihm dies helfen würde, einen Roman zu schreiben.

Mit seinem Nachfolgewerk Only Revolutions begibt sich Danielewski in ein anderes Genre und schildert die Geschichte zweier verliebter Teenager.

Auch wenn Das Haus noch im alten Jahrtausend entstand und im März 2000 erschien, hat es das Horrorgenre in ein neues Jahrtausend und auf eine neue Ebene befördert. Ein solches Werk hat es vorher nicht gegeben. Danielewski fordert viel von seinen Lesern, und wer bereit ist, dies zu geben, darf sich auf eine vollkommen neue Erfahrung freuen, die einem das Fürchten lehrt, wie man sich vorher noch nicht gefürchtet hat. Nach der Lektüre des Romans habe ich die deutsche Ausgabe von Klett-Cotta in ein Bücherregal direkt meinem Bett gegenüber gestellt, und jeden Morgen beim Aufwachen und den ersten Strahlen des Tageslichts klafft dort im Regal dieser schwarze Abgrund, der finsterer ist als alles um ihn herum; der noch Monate nach dem Lesen des Romans einen starken Sog ausübte, der mich nicht loszulassen schien.

Danielewksi hat die Messlatte so hochgelegt, dass es vermutlich weitere Jahrzehnte dauern wird, bis ein neuer Autor sie erreicht.

Mehr zu Miami

Carl Hiaasen – Affentheater

Wie schon erwähnt, Juan S. Guse ist selbst nie in Miami gewesen, sein Florida ist ein fiktives, fast schon traumhaftes. Wer einen realistischeren Einblick in das Leben des Sonnenscheinstaates erhalten möchte, sollte zu Carl Hiaasen greifen. Dieser aus Florida stammende Autor entwirft zwar ähnlich absurde Szenarien, die aber alle auf seinen Erfahrungen als Lokaljournalist basieren. Beispielhaft sei hier Affentheater empfohlen, ein humorvoller Krimi, in dem Hiaasen wieder einmal Florida mit seinen Bürgern und Geschäftsleuten auf die Schippe nimmt. Teilweise etwas vorhersehbar. Die Auflösung war mir schon von Anfang an klar, aber darum geht es bei diesem witzigen Buch auch gar nicht. Allein die Kontrollbesuche des zur Schabenpatrouille degradierten Ermittlers in einigen Lokalitäten, die selbst Christian Rach das Fürchten lehren würden, sind zum Schreien.

Ausblick

Die nächste Ausgabe von lesenswelt wird am 1. Juni erscheinen und sich ganz dem Thema Hongkong widmen. Die historische Entwicklung der Stadt vom 1. Opiumkrieg bis in die Gegenwart, erzählt durch ein historisches Sachbuch, aber auch einen Erzählband, einen Krimi, Kindheitserinnerungen und aus Perspektive eines Aktivisten aus den aktuellen Protesten gegen das autoritäre Gebaren der chinesischen Regierung.

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