Fünf Bücher japanischer Autorinnen

In der nächsten Zeit werde ich mir ausführlicher mit japanischer Literatur beschäftigen, vor allem, aber nicht nur, mit Büchern von Autorinnen. Die fünf Romane im heutigen Beitrag habe ich schon vor einiger Zeit gelesen, weshalb meine Erinnerungen daran für ausführlichere Besprechungen nicht mehr zuverlässig sind. Lesenswert oder gar kleine Meisterwerke sind sie alle.

"Das Geheimnis der Eulerschen Formel" von Yoko Ogawa

Von einer jungen Japanerin und ihrem 10-jährigen, die einen älteren Mathematikprofessor betreuen, der alle 80 Minuten sein Gedächtnis verliert. Wunderbar verschrobene Geschichte über die Schönheit der Zahlen und die Poesie des Alltags, in der neben der Mathematik auch Baseball eine große Rolle spielt. Clever und bewegend erzählt.

Aus dem Japanischen übersetzt von Sabine Mangold.

"Breasts and Eggs" von Mieko Kawakami

Schonungslose, aber poetische Geschichte einer jungen Japanerin, die in Armut aufwächst, in Einsamkeit lebt und durch ihre Asexualität Schwierigkeiten hat, ihren Kinderwunsch im starren Konstrukt der japanischen Gesellschaft erfüllt zu bekommen. Hat ein paar Längen bei den Monologen von Natsukos Freunden, die ihre jeweiligen Lebensgeschichten erzählen, liest sich insgesamt aber großartig und liefert Einblicke in die japanische Gesellschaft, die man sonst eher selten bekommt. Noch offener und direkter als in den Romanen von Sayaka Murata, Yoko Ogawa und Banana Yoshimoto.

Die englische Übersetzung stammt von Sam Bett und David Boyd. Es gibt auch eine deutsche Ausgabe von Katja Busson, die als Brüste und Eier bei Dumont erschienen ist.

"The Graveyard Apartment" von Mariko Koike

The Graveyard Apartment ist leider noch nicht auf Deutsch erschienen. Horror aus Japan kommt (siehe Ring von Koji Suzukii) oft in ruhiger Form mit langsamem Spannungsaufbau daher. Dieser Roman ist ein subtiler Grusler, in dem es mehr um Familiendynamik als den übernatürlichen Schrecken geht, auch wenn der dramatische Folgen für die Familie hat. Richtig gut geschrieben, mit fein ausgearbeiteten Hauptfiguren, in einem für Japan erstaunlich modernen Setting eines Apartmentkomplexes, der die Bewohner*innen das Fürchten lehrt.

Englische Übersetzung von Deborah Boliver Bohem.

"Die Ladenhüterin" von Sayaka Murata

Über eine Mittdreißigerin, die in einem Konbini (kleiner Supermarkt) arbeitet, weil sie mit den Zwängen der strikten japanischen Gesellschaft nicht klarkommt. Ausgezeichnete Alltagsbeobachtungen mit gut ausgearbeiteten Figuren. Muruta greift hier auf ihre eigene Biografie zurück und schreibt einfühlsam über ein Thema bzw. eine Problematik, die bei vielen japanischen Autorinnen auftaucht: Einsamkeit, die Auftritt, wenn sich Frauen ab 30 nicht ins genormte Korsett der Gesellschaft und die Erwartungen des Umfelds pressen lassen wollen oder können.

Aus dem Japanischen übersetzt von Ursula Gräfe

"Tsugumi" von Banana Yoshimoto

Das Buch habe ich vor ca. 20 Jahren schon einmal gelesen, konnte mich aber kaum noch an den Inhalt erinnern, nur, dass eine Grube im Garten eine Rollle gespielt hat und es mir gefallen hat. Und das hat es auch bei der Zweitlektüre. Yoshimoto versteht es meisterhaft, kleine Szene und Stimmungen einzufangen, dazu der mehr als interessante Charakter der titelgebenden Tsugumi. Die ist gar nicht die Erzählerin des Romans. Das übernimmt ihre beste Freundin Maria, die im Alter von 19 Jahren aus dem kleinen Küstenstädtchen nach Tokio zieht, aber für einen letzten Sommer noch einmal zu Tsugumi und ihrer Familie zurückkehrt. Was Anlass für viele Erinnerungen an die gemeinsame Kindheit ist. Die hat Tsugumi in einem stets kränklichen, geschwächten Körper aber mit eisernem Willen und scharfer Zunge verbracht und nicht wenige Menschen mit ihrer unverblümten bis boshaften Art vor den Kopf gestoßen.

Aus dem Japanischen übersetzt von Annelie Ortmanns

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